Bei Nebenwirkungen Text/Musik:Werner Winkel
Bei Nebenwirkungen fragen sie den Arzt und Apotheker.
Bei Risiken da finden sie im Beipackzettel Rat.
Folgeschäden gibt es heute nicht, vielleicht gibt`s die ja später.
Doch dann ändern wir den Namen von unsrem Präparat.
Im Fersehn flimmert Pharmawerbung im zweiten Kanal.
Ob du krank bist oder nicht ist jetzt eigentlich egal.
Spätestens beim dritten Spot wird mir unwillkürlich schlecht.
Diese Kranken, ihre Leiden wirken unwahrscheinlich echt.
Und ich spüre, wie sich Mitleid in meine Därme schleicht.
Ja, ein feindlicher Trojaner hat schon meinen Kopf erreicht.
Und ich niese, huste schon in beängstigter Frequenz.
Mein Blasenmuskel schwächelt, signalisiert Inkontinenz.
Ja, nun werde ich wohl doch zur Apotheke gehen.
So was kann schon mal passieren, so was kann schon mal geschehn.
Bei Nebenwirkungen…
In der Apotheke schau ich in die Rentner-Bravo rein.
Ich erkenn, ein Leben ohne Pillen kann einfach nicht sein.
Ich bin erstaunt, wofür es alles Wundermittel gibt.
Wie ein Rentner in nur einer Nacht, zwanzig Frauen liebt.
Oder die unglückliche Dame mit dem Hüftgoldüberschuss.
Später, um gesehn zu werden, dreimal durch die Türe muss.
Ein Herr mit einer Glatze, der ein Haarwuchsmittel schwingt,
plötzlich wie ein Affe aussieht und mit der Banane winkt.
Oh, das Foto, glaube ich, ist da sicher ein Versehn.
So was kann schon mal passieren, so was kann schon mal geschehn.
Bei Nebenwirkungen…
Der Apotheker drückt mir Pillen für den Kreislauf in die Hand.
Unverträglichkeiten, schwört er, sind mir nicht bekannt.
Dafür zahl ich 50 Euro, Qualität hat seinen Preis.
Ich schluck auch gleich 2, 3 Tabletten, und schon laufe ich im Kreis.
Husten, Schnupfen längst vergessen, mein Immunsystem rotiert.
Ich verliere die Kontrolle bis mein Körper explodiert.
Und schon löse ich mich auf, schwebe schwerelos im Raum.
Schweigebadet wach ich auf, war das alles nur ein Traum.
Und im Fernsehn muss ich wieder Apothekenwerbung sehn.
So was kann schon mal passieren, sowas kann schon mal geschehn.
Bei Nebenwirkungen fragen sie …
Ein Bekannter aus dem Pharmawerk, er ist dort Laborant.
Wenn wir mal krank sind, spricht er hinter vorgehaltner Hand.
Wir kaufen Billigfleisch im Supermarkt infiltriert mit Wachshormon,
mit ordentlich Antibiotika aus unsrer Produktion.
Ja, so sparen wir die Kosten für den Arzt und Arzenei.
Auf meine Frage, ob das Fleisch denn auch unbedenklich sei.
Nun, der Mensch, sagt er, wird nach und nach zum Problempatient.
Denn bei Krankheit sind die Viren gegen Pillen resistent.
So wird mancher Zeitgenosse mit seinen Leiden untergehn.
So was kann schon mal passieren, so was kann schon mal geschehn.
Bei Nebenwirkungen fragen sie …